Montag, 13. Februar 2017

Sanduhr

Hei!
Als ich und meine beiden Geschwister jünger waren, hatten wir immer kleine Sanduhren, die zwei oder drei Minuten dauerten, und die uns helfen sollten beim Zähneputzen, dass wir nicht zu schnell wieder aus dem Bad kamen. Als Kind wollten wir auch sonst im Leben, dass alles schneller geht. Die Tage bis zum nächsten Geburtstag, bis zur nächsten Weihnacht oder bis zum nächsten Jahr konnten nicht schnell genug vergehen. Wir wollten erwachsen sein, und hofften immer, dass der Sand in der  Uhr schneller rinnt.
Nun sehe ich das anders. Auch wenn es schön ist Geburtstag zu haben, oder Weihnacht zu feiern, so wünschte ich mir jetzt, dass der Sand langsamer rinnen könnte. Dass die Zeit nicht einfach so verfliegt, ich wünschte mir dass ich die Zeit stoppen könnte.
In genau sechs Tagen ist es ein halbes Jahr her, seit ich weinend am Flughafen in Zürich gestanden bin, seit ich mich selbst und meine Familie beruhigt habe und gesagt habe, es sind ja nur zehn Monate, die werden schon vergehen. Ich freute mich extrem auf den Tag an dem ich meine Familie wieder in die Arme schliessen könne, und gleichzeitig freute ich mich extrem auf ein neues Abenteuer. Naiv, ohne auch nur die geringste Ahnung von dem was mich erwartete und mit Vorurteilen überladen sass ich im Flugzeug, ich konnte nicht realisieren, dass es nun wirklich wahr ist, dass ich für ganze zehn Monate meine Familie nicht mehr sehen würde und dass ich mich in einer neuen Umgebung zurechtfinden musste. Die Erinnerungen an die Ankunft in Oslo, an die erste Nacht in Norwegen, und vor allem an die erste Zugfahrt in Norwegen sind so lebendig als ob es erst gestern gewesen wäre, und trotzdem sind sie so weit weg. Dann kam der spannendste, wichtigste, und einer der schönsten Momente in meinem Leben. Ich und Hannah wollten nicht aus dem Zug aussteigen, wir waren nervös, hatten Angst vor dem was uns erwartete. Was wenn unsere Gastfamilie nicht nett war, was wenn wir nicht zusammen passten, was wenn sie nicht da waren. Aber als wir aus dem Zug ausstiegen, waren alle Zweifel die in den letzten Wochen aufgekommen waren wie weggeblasen. Ich werde den Moment als ich meine Familie zum ersten mal live und echt gesehen habe nie vergessen. Alle Anspannung löste sich, und ich war überwältigt, ich brachte kein richtiges Wort heraus, von diesem Moment an, war ich fester Teil dieser Familie, und das wird wohl immer so sein. Dann kam die erste Woche, der erste Schultag, und alles Neue. Es war nicht einfach, ich verstand kein Wort Norwegisch, alles musste auf englisch geschehen, und es ist einfach unglaublich was geschieht wenn man eine Sprache sprechen muss. Mein Englisch verbesserte sich innert 5 Tagen, von stotternd und nach Worten suchend zu fast perfekt und flüssig. In meiner Klasse wurde ich behandelt wie eine kleine Schwester der man alles zeigen muss, ich wurde superschnell in eine Gruppe inkludiert und bis heute habe ich meinen festen Platz in dieser Gruppe, wofür ich allen dankbar bin. Dann kam der härteste Teil des ganzen Austausches. Es begann das Lernen der Sprache, und nicht weniger das beobachten der Menschen, welche Gewohnheiten sie haben, und wie man sich anpassen muss, um hier zu leben. Ich musste Lehrgeld bezahlen, eines der besten Beispiele ist im Sport. Mein erstes Orientierungslaufrennen in Norwegen war eines meiner schlechtesten, ich hatte keine Chance mit den anderen mitzuhalten, aber auch sonst war das Leben nicht immer nur ein Ponihof. Währenddessen gab es auch viele Highlights und ich lernte Tag für Tag neue Menschen kennen, von denen viele mir jetzt nahestehen. Die ersten Ferien nahten schnell, und schon bald beginnte ich zu vergessen wie das Leben in der Schweiz ist. Das Norwegisch wurde immer besser, was es einfacher machte, mich zu integrieren. Dafür ging es mit den anderen Sprachen langsam bachab. Zuerst mit dem Französisch, ich brachte schon nach 2 Monaten kein einziges Wort mehr heraus, dann gegen Weihnachten mit dem Englisch, weil ich es einfach nicht mehr so oft brauchte im Alltag, und nun wird auch mein Deutsch immer schlechter. Ich beginne Worte zusammenzumischen und muss überlegen, bis mir Worte wieder in den Sinn kommen, ich muss schon bald Google translate brauchen, was zu grossen Lachern bei Hannah, der Austauschschülerin aus Deutschland führt. Sie selbst ist aber nicht viel besser um mich selbst zu verteidigen:)
Das sind noch lange nicht alle Geschenke unter dem Weihnachtsbaum:) 


Auch in Norwegen findet man Nebel

Zwillinge:)
Im Gegensatz zu vielen anderen Austauschschülern genoss ich Weihnachten dann ohne Heimweh, und auch sonst habe ich nicht daran gedacht wie es zu Hause ist, während dem ganzen halben Jahr bereute ich nicht eine einzige Sekunde, dass ich nicht in der Schweiz war. Ich fühle mich hier zu Hause, und ich glaube es ist nicht falsch zu sagen, dass ich mich mittlerweilen mehr zu Hause fühle als in der Schweiz. Ich habe ein enges Verhältnis zu meiner Familie aufgebaut, viele Freunde gefunden, nette Menschen kennengelernt, und gerade beginnt ein neues Leben zu leben. Wenn ich daran denke dass ich schon in vier Monaten, dieses Leben hinter mir lassen muss, und zurück in die Schweiz reisen muss, dann graut mir. Ich weiss dass es Leute gibt, die mich gerne in der Schweiz habne wollen, die mich wiedersehen wollen, und es wird ja sicher irgendwo schön sein diese Leute wieder zu sehen, aber gleichzeitig würde ich wenn ich wählen könnte tausend mal lieber hier bleiben... Ich finde nun nämlich dass ich in einem Punkt recht hatte, als ich in Zürich am Flughafen stand, vor knapp einem halben Jahr. Es sind eben nur zehn Monate, also so gut wie nichts, besonders wenn der Sand in der Uhr so schnell rinnt.
Pause auf der ersten Skitour in Norwegen



Winterwetter
So, nun, nach diesem Reflektionsversuch von fast einem halben Jahr, noch ein Update von dem was in der letzten Zeit so geschah.
Wir standen viel auf den Langlauflatten in den Wochenenden, und wir hatten auch einige Tage auf den Alpinskis. Zu dem war ein AFS Camp, das Midstaycamp, denn wie schon erwähnt ist bereits über die Hälfte des Austausches forbei. Es war sehr schön die anderen wiederzusehen, und aus dem Grund dass wir hoch oben in den Bergen waren, war es absehbar, dass wir unter anderem eine Skitour mit im Programm hatten. Ansonsten bestand das Camp vor allem aus Gesprächen und regem Austausch wie es uns so erging in unseren Familien. Ausserdem habe ich wieder angefangen regelmässig zu klettern und wir haben Geburtstag von Myra, der Austauschschülerin aus HongKong gefeiert. Des weiteren hatten wir einen Skitag in der Schule und wir bekamen das Halbjahreszeugnis. Mal abgesehen von Geschichte und Norwegisch sieht dies zu meinem erstaunen sehr gut aus:)
Und ich habe endlich Bilder, auch wenn mein Laptop immer noch nicht funktioniert. Weitere Bilder kommen, sobald ich mehr Zeit habe. Und wir haben etwas Schnee, allerdings so wenig wie seit über fünfzig Jahren nicht mehr.

Schlitteln im Garten mit Sivert



Abendtour mit Marshmallowbräteln

Zum Schluss von diesem kurzen Zusammentrag noch die Pläne in der nächsten Zeit: Nächstes Wochenende reisen wir nach Kvitfjell, ja dorthin wo der Skialpin Weltcup der Männer auch bald hingeht. Und dann sind in zwei Wochen endlich Winterferien, wobei wir zuerst ein bisschen in Valdres sind und dann eine Skitour auf Skeikampen unternehmen und zum Schluss nach Trondheim reisen, wo wir Aases Geburtstag feiern werden.
Das wars für eine Zeit.
Ha det bra;)